Eine frohe Botschaft für alle Marroni Liebhaber

Thalwil: Bis Mitte Dezember besteht bei der EKZ-Filiale an der Gotthardstrasse ein Marroni Stand

Iwano Mele und Thomas Arnold betreiben bis Mitte Dezember an der Gotthardstrasse in Thalwil einen Marronistand. Ausser Montags können die Thalwilerinnen und Thalwiler die ganze Woche über die beliebte Herbstspezialität geniessen. Möglich wurde das, weil die EKZ einen Teil ihres Vorplatzes vermietet hat.

(sta) Vorbei sind die Zeiten wo Thalwil als Marroni-freie Insel im Bezirk galt. Seit vergangenem Dienstag wird gewaltig eingeheizt, damit wirklich jedermann die italienischen Kastanien geniesse kann. Der Kundenaufmarsch am ersten Tag unterstreicht eindrücklich, dass der Stand einem echten Kundenbedürfnis entspricht.

Horgner Entwicklungshilfe

Bereits vor acht Jahren existierte vor der EKZ-Filiale an der Thalwiler Gotthardstrasse ein Marroni-Stand. Wegen der Sanierungsarbeiten an den Werkleitungen waren einige Saisons lang keine Verkäufe möglich, der damalige Betreiber Jürg A. Soldan hat sich aus diesem Grunde anderen Standorten im Bezirkshauptort sowie dem Horgenberg zugewandt.

Dank einer netten Geste der EKZ-Filiale kommen die Thalwilerinnen und Thalwiler nach mehrjähriger Abstinenz wieder in den Genuss feinster Qualitäts-Marroni aus dem Piemont. „Das ist der einzige wirklich gute Standort im Dorf“, schwärmt Jürg A. Soldan. Er muss es wirklich wissen, hält er doch seit 28 Jahren die Spezialität feil.

Betrieben wird der Stand von Iwano Mele und Thomas Arnold mit einer umfangreichen Ausrüstung aus dem Arsenal von Jürg A. Soldan. Für den in Horgen wohnhaften Italiener ist die Zeit als Marroniero eine Art Brücke. „Ich plane, im nächsten Jahr ein Restaurant zu übernehmen“, sagt der ehemalige Psychiatriepfleger. Thomas Arnold ist ein Selfmade-Man und Event-Organisator. der seine Dienstleistungen anbietet, wo eben Not am Mann ist. „Marroni verkaufen macht aber Spass“, meint Arnold, „denn die Kunden sind meist gut gelaunt.“

Beschränkte Marroni-Freuden

Zum Verkauf gelangen Marroni oder Edelkastanien aus Cuneo. „Das ist quasi der Rolls Royce unter den Früchten“, betont Jürg A. Soldan und wettert gleich gegen die Hirschfutterverkäufer in der Limmatmetropole, die oftmals nur Ware zweiter Wahl anbieten: „In den Agglomerationsgemeinden ist es wichtig, qualitativ hochwertige Produkte anzubieten, sonst ist der Ofen schnell aus“, betont Soldan. Der fleissige Horgner gibt gleich Anleitung, wie eine gute Marroni auszuschauen hat: „Sie muss sich problemlos schälen lassen und leicht süsslich den Gaumen kitzeln.“ Entgegen der landläufigen Meinung besitzen die Köstlichkeiten nur wenig Kalorien.

Bis Mitte Dezember sorgen also Iwano Mele und Thomas Arnold für einen bunten Farbtupfer an Thalwils Einkaufsmeile. Doch warum nicht gleich bis Weihnachten durchmachen? „Rund eine Woche vor Weihnachten krachen die Umsätze erfahrungsgemäss zusammen“, weiss Soldan aus eigener Erfahrung, „die Leute sind meist ziemlich gehetzt und mit Einkäufen beschäftigt, dass sie die Marroni eben links liegen lassen.“

Rund fünf Tonnen Marroni setzten Jürg A. Soldan und seine Helfer pro Saison um. „Doch das Geschäft ist komplett Witterungsabhängig“, weiss der Horgner“, an schönen aber kalten Tagen rennen sie dir die Bude ein, während bei Regen einfach tote Hose herrscht.“ Ob es auch im nächsten Herbst in Thalwil wieder Marroni gibt ist fraglich. Das EKZ als Eigentümerin des Areals hat vorerst für eine Saison ihren Segen gegeben.

Marroni bei der EKZ-Filiale an der Thalwiler Gotthardstrasse: Dienstag bis Donnerstag von 11 bis 19 Uhr, am Freitag bis 20 Uhr. Samstag und Sonntag von 9 bis 19 Uhr.

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Marroni sind nicht gleich Marroni
Seit mehr als 20 Jahren steht Jürg Soldan in seiner Freizeit hinter Ständen

Eine Pfanne, etwas Kohle, rohe Nüsse und unters Volk damit - denkt sich der Laie. Ganz so einfach ist das Marronibraten nicht. Der Horgner Jürg Soldan frönt seinem Hobby seit zwei Jahrzehnten. Und hat viel Lehrgeld bezahlt.

VON HEINZ GIRSCHWEILER

Am Anfang stand die Arbeitslosigkeit. Nach seiner Lehre als Eisenwarenverkäufer und der Rekrutenschule stand der Horgner Jürg Soldan 1974 - zu Beginn der damaligen Rezession - als Arbeitsloser auf der Strasse. Der junge Mann hatte genügend Zeit, einen Grossanlass im Jugend- und Freizeithaus mitzuorganisieren. Ein Marronistand müsse her, befand das OK. Jürg Soldan kümmerte sich darum und briet zum erstenmal in seinem Leben Marroni. 600 Franken schauten als Reingewinn für seinen Wochenendeinsatz heraus. Genug, um Soldan zumindest temporär zum vollamtlichen Marroniverkäufer zu machen. Bald aber wurde der Notberuf zum Hobby, dem Jürg Soldan über zwei Jahrzehnte treu geblieben ist.

Marroni-Braten ist lustig

Heute verfügt Jürg Soldan in Horgen über vier gute Verkaufsplätze: vor dem Bahnhof, in der Einkaufspassage, bei der Fähre und an schönen Winterwochenenden beim Bergweiher. Er beschäftigt auch Aushilfen. Was fasziniert den heute als Finanzberater tätigen Jürg Soldan an seinem Hobby? "Marronibraten ist lustig, ein sinnlicher Ausgleich zur Kopfarbeit unter der Woche", findet er. Der Kontakt mit den Leuten, die Tätigkeit im Freien gehören mit dazu. Eine Soldansche Spezialität sind seine Vermietungen. Für einen Pauschalpreis brät er an Firmenfesten, Hochzeiten oder Taufen für die Gäste Gratismarroni. Eine Dienstleistung, die immer wieder gefragt ist.

Ist Marronibraten schwierig? Jürg Soldan lacht: "Nein, das ist es nicht. In zwei Stunden zeige ich Ihnen, wie das geht." Die Schwierigkeiten lauern anderswo. Zunächst einmal geht es darum, Marroni in guter Qualität zu bekommen. Das sei gar nicht einfach, sagt Soldan. Als Anfänger habe man auf dem Markt keine Chance, an Spitzenqualität heranzukommen. "Der Marronihandel ist bis heute kriegswirtschaftlich geprägt", klärt Jürg Soldan auf.

Im Zweiten Weltkrieg hätten italienische Emigranten hierzulande mit dem Marronibraten begonnen. Ihre Tätigkeit wurde streng reglementiert. Weil sich alle Beteiligten daran gewöhnt hätten, sei dies bis heute weitgehend so geblieben. Nach wie vor muss jeder Marronibrater einen Produzenten, einen Importeur und einen Händler nachweisen.

In der Käufer-Hierarchie aufgestiegen

So kauft Jürg Soldan seine Marroni seit 21 Jahren beim gleichen Händler auf dem Zürcher Engrosmarkt. Mit wachsender Erfahrung ist er in der Marronikäufer-Hierarchie immer höher gestiegen. Heute kauft er die beste von rund 25 Marroniqualitäten ein. 7.80 Fr. kostet ihn dabei das Kilo. Andere kaufen Marroni oder Edelkastanien zum halben Preis ein. Entsprechend teuer verkauft Soldan seine Marroni. Die 2.80 Fr. für 100 Gramm sind in der Region ein Spitzenpreis. Eine goldene Nase verdient er sich mit seinem Wochendjob gleichwohl nicht.

Die Einnahmen pro Kilo roher Marroni betragen 13 bis 17 Franken. Dies, weil wurmstichige Nüsse ausgeschieden werden müssen und vor allem, weil die Marroni beim Braten gewichtsmässig stark schwinden. "Eine hohe Käuferfrequenz" sei deshalb das A und O für einen Marronibrater, sagt Jürg Soldan. Entsprechend wichtig sei es, Bewilligungen für gute Standplätze zu ergattern. Ebenfalls aus diesem Grund stellt Soldan seine Stände nur am Wochenende auf. Bei guten Standplätzen mit städtischer Passantenfrequenz sähe dies anders aus.

Ein schlechtes Jahr

Jürg Soldans Marroni-Saison 1995/96 fällt mager aus. "Höchstens noch zwei Wochenenden liegen jetzt drin", sagt Jürg Soldan, "dann wird es zu frühlingshaft sein für das Marronigeschäft". Auch sind die Marroni auf dem Markt knapp, weil deutsche Importeure wegen des Eisenbahnerstreiks in Frankreich im Frühwinter auf Lieferanten in Italien auswichen. Dort versorgen sich auch die Schweizer Händler.

Vor allem aber spielte das Wetter dem Horgner Marroniverkäufer Streiche. Er sei auf Ausflügler angewiesen. An manchem Wochenende seien sie vom schlechten Wetter abgehalten worden. "Wenn ich in dieser Saison 3800 Kilogramm Marroni brate, muss ich zufrieden sein", lautet die vorläufige Bilanz Soldans. In einem Spitzenjahr hat er schon sieben Tonnen verarbeitet.

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